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Wort zum Sonntag 22.09.2024

Till Roth, evang. Dekan Lohr a.Main

Von Überschwemmungen und anderem Überfluss

Wasser – Element des Lebens und Element des Todes. Beides. Urquelle und Urgewalt. Die jüngsten Überflutungen in Österreich, Tschechien und Polen haben uns die schreckliche, zerstörende Seite drastisch vor Augen geführt. Jeden Tag trinken wir aber auch alle davon – ganz einfach aus dem Wasserhahn oder mit Kohlensäure oder mit Geschmack versetzt.

Wenn wir die Bilder von in die Straßen und Häuser brechenden, schlammigen Flutwellen im Fernsehen sehen, erschrecken wir. Wir sind verstört und berührt zugleich. Wir fühlen mit den Betroffenen und fragen: Wie kann ich helfen? Was können wir tun? Das Gefühl der Ohnmacht, das uns ergreift, ganz gleich welches menschliche Elend wir zu Gesicht und zu Gehör bekommen, ist ein Problem. Manche wissen nicht, wie damit umgehen. Es kann auch – quasi irrational – eine Reaktion von Wut, Ablehnung oder Gefühlskälte auslösen. Bei manchen wendet sich das Ohnmachtsgefühl ungerechtfertigterweise in eine Anklage gegen Gott. Ungerechtfertigt, weil wir doch meistens ausbaden, was wir selbst verschuldet haben. Das Wort ‚ausbaden‘ ist in diesem Zusammenhang allerdings schlecht gewählt.

Jedenfalls scheint es mir eine Schlüsselfrage zu sein, wozu uns das unendliche Leid auf der Welt bewegt. Stumpft es uns ab oder schweißt es zusammen? Zucken wir mit den Achseln oder macht es uns solidarisch? Schotten wir uns voneinander ab oder führt uns die Not zusammen? Beides kann passieren. Es ist wie eine Prüfung für die Menschheit und für jeden Einzelnen.

Dabei müssen wir aushalten, dass wir oft nichts „direkt“ tun können. Aber wir können sehr wohl indirekt helfen und eine Haltung angestufter Anteilnahmen zeigen. Es gibt organisierte Hilfen – Gott sei Dank! Wenn z.B. unser THW ins Nachbarland aufbricht, ist das gut. Und wenn ich das THW, das Rote Kreuz oder andere Hilfsorganisationen mit Spenden oder anders unterstütze, habe ich Anteil an der geleisteten Hilfe. Es gibt staatliche Hilfsprogramme. Auch das ist gut! Ich finde es richtig, dass Steuergelder dafür verwendet werden, und es wäre schlecht, wenn alle Staaten nur an sich denken. Gelebte Solidarität ist sowohl auf individueller als auch auf nationaler Ebene der bessere, aus christlicher Sicht auch gebotene Weg. Gerade im Blick auf Naturkatastrophen und ihre humanitären Folgen sitzen wir letztlich als Menschheit „alle in einem Boot“. Entschuldigung, wieder eine schlechte Formulierung in diesem Zusammenhang.

Schließlich: Was jeder von uns „direkt“ tun kann, ist, in dem Maße, wie es ihm gegeben ist, spenden und in der Fürbitte für Notleidende eintreten. Eine barmherzige Haltung und die tatkräftige Hilfe und Unterstützung unserer Mitmenschen ist ein roter Faden in der ganzen Bibel. Beim Apostel Johannes klingt das so: „Stellt euch vor: Jemand ist mit allem gut versorgt und sieht, dass sein Bruder oder seine Schwester Not leidet. Wenn er sein Herz vor ihrer Not verschließt, wie kann dann die Liebe Gottes in ihm bleiben? Lasst uns einander lieben: nicht mit leeren Worten und schönen Reden, sondern mit tatkräftiger und wahrer Liebe.“ Das finde ich gut. Wenn wir unseren Überfluss teilen, lindern wir die Not, die aus Überschwemmungen und anderen Katastrophen entsteht. Und ein anderes Mal fließt diese Liebe – als Wasser des Lebens – zu uns zurück.

Till Roth, evang. Dekan Lohr a.Main