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24. Sonntag im Jahreskreis, Lj B, 15.9.2024 – 125 Jahre St. Sebastianus-Schützen in Aschaffenburg-Schweinheim

Das Miteinander in der Gesellschaft beschützen

Beim Dankgottesdienst zum Jubiläum „125 Jahre Schützenverein St. Sebastian“ in Aschaffenburg-Schweinheim erinnerte Domkapitular Clemens Bieber, über das Bemühen um den sportlichen Erfolg hinaus, beizutragen zu einem guten und friedvollen Miteinander in der Gesellschaft: „Über allem sportlichen Erfolg hinaus gilt es, den Blick Füreinander zu schärfen, das Miteinander zu pflegen und die geistige und geistliche Grundlage des Lebens zu stärken. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine menschliche Gesellschaft.“

Die Predigt im Wortlaut:

Viele kennen meine Affinität für Tirol. Spätestens seit meinem Studium in Innsbruck vor 42 Jahren hat sich meine Begeisterung für das Land, die Landschaft und insbesondere für die Menschen und ihre gewachsenen Traditionen gesteigert. Zu Tirol gehört das Schützenwesen. Ohne die Schützenkompanien in den Talschaften, Dörfern und Städten ist das Land nicht denkbar. Es gibt zwar auch die Sportschützen. Der Blick fällt aber zunächst auf die Schützenkompanien, die aus dem Anliegen der Verteidigung ihres Landes entstanden sind. Zwar könnten sie keineswegs eine militärische Auseinandersetzung wagen, aber ihre Präsenz im öffentlichen Leben – sowohl im politischen wie auch im kirchlichen Bereich – ist ein starkes Signal. Sie stehen ein für ihr Land, seine Traditionen, die Menschen und für das friedvolle Miteinander.

Nun begehen wir heute hier in Aschaffenburg-Schweinheim das 125-jährige Bestehen des Schützenvereins St. Sebastian. Das Sportschützenwesen mit Bogen, Luftgewehr, Luftpistole, Kurzwaffen, Vorderlader, Schrotflinte und Jagdgewehr verbindet 650 Schützen und hat den Verein zu einem der erfolgreichsten Schützenvereine Bayerns werden lassen. Dass die vorbildliche Schießanlage auch von Polizeibeamten und Justizvollzugskräften am Untermain sowie von der Jägervereinigung genutzt werden kann, bringt mich in Gedanken wieder in die Nähe des eingangs erwähnten Schützenwesens, wie ich es in Tirol erlebe.

650 Frauen, Männer und Jugendliche, die sich durch den Verein St. Sebastianus miteinander verbunden fühlen, sind neben allem sportlichen Anspruch auch eine beachtliche soziale Größe. Sie bedeutet gerade in unseren Tagen eine Chance. Wir erleben derzeit einen starken Umbruch in unserer Gesellschaft. Vertraute Gewohnheiten, die das Miteinander der Menschen über Generationen hinweg geprägt haben, gehen verloren, ohne dass sich andere, sinnvolle und lebenswerte entwickelt hätten. Das macht unsicher und auch orientierungslos.

Zugleich wächst die Sorge, dass sich durch die sozialen Medien Lebensweisen verbreiten, die nicht wirklich Halt und Sicherheit geben und das Miteinander letztlich nicht fördern. Dazu kommt die Angst, dass durch Menschen aus anderen Ethnien und Kulturen sowie Religionen unsere Identität verloren geht. Darin stimmen wir gewiss überein: Das friedvolle Miteinander in einem Volk, in einem Land braucht eine verbindende geistige Grundlage und ein Wertefundament.

Alle Bemühungen um einen verständnisvollen Dialog und eine gelingende Integration werden durch unsinnige und menschenverachtende Aktionen Einzelner torpediert – siehe Solingen. Der islamistische Terror wird als Bedrohung empfunden. Dabei wird häufig nicht zwischen dem Islam als Religion und dem ideologisch verblendeten islamistischen Terror, der die Religion für seine Ideologie benutzt, unterschieden. Ebenso vermengen viele in den islamisch geprägten Regionen der Erde die freien, demokratischen und wirtschaftlich starken Länder mit dem in diesen Ländern – noch – verbreiteten Christentum und man erachtet uns als Ungläubige.

Alle müssen auf Frieden in der Welt hinwirken. Damit dies gelingt, ist es notwendig, zwischen den religiösen Überzeugungen und den ideologischen Verblendungen zu unterscheiden und dabei selbst der Friedensbotschaft der eigenen Religion zu folgen und entsprechend zu handeln.
Doch die Kenntnis von Religion und das Bewusstsein für Religion in unserem Land ist nicht sonderlich ausgeprägt. Vorherrschend scheinen pauschale Urteile über die christlichen Kirchen zu sein. Dazu kommt die Forderung nach einem säkularen Staat. Immer lauter wird die Abschaffung von christlichen Feiertagen, von Tanzverboten und ähnlichen Einschränkungen an stillen Feiertagen gefordert. Das wöchentliche Osterfest, der arbeitsfreie Sonntag, wird mehr und mehr dem Kommerz geopfert. Ebenso konträr zur kirchlichen Haltung werden Forderungen erhoben zu zentralen ethischen Fragen z.B. zur Fortpflanzungs- und Reproduktionsmedizin, zum Lebensschutz. Die Kernzelle der menschlichen Gesellschaft, die Familie, verliert mehr und mehr ihre besondere Stellung. Ich belasse es bei diesen Stichworten.

Zwar wird von Einzelnen den christlichen Kirchen zugestanden, dass sie der Gesellschaft vielfältige Impulse geben und einen wichtigen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhang leisten, etwa im Sozialbereich oder beim Engagement für geflüchtete Menschen. Dennoch soll das Verhältnis zwischen Staat und Kirche der heutigen gesellschaftlichen Realität angepasst werden. Offensichtlich wird vergessen, welche wichtige Aufgabe die Kirchen z.B. durch ihren sozial-caritativen Dienst wahrnehmen, aber auch in der Kultur. Ebenso geben die christlichen Kirchen durch ihre pastoralen, seelsorglichen Bemühungen den Menschen gerade in Zeiten großer Verunsicherung Halt und Zuversicht.
Der sogenannte Blasphemie-Paragraf, der die Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen und Gemeinschaften unter Strafe stellt, wird in Frage gestellt.

Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Damit verändern sich auch viele geistige, geistliche wie auch ethische Grundlagen für das Zusammenleben der Menschen. Aber gerade in Zeiten des Umbruchs braucht es klare Orientierung. Damit sind wir bei der Frage Jesu an seine Jünger im heutigen Evangelium. „Für wen haltet ihr mich?“ Die Frage hat es in sich!
Auf die Antwort des Petrus „Du bist der Messias!“, macht Jesus klar, welche Konsequenzen der Glaube an IHN und SEINE Nachfolge hat.

Petrus möchte Verfolgung und vor allem Verurteilung ausschließen. Er stellt sich offenbar einen „Glauben light“ vor, also eher einen Glauben ohne persönliche Konsequenzen, oder wie das der verbreiteten Vorstellung in unserer Generation entspricht, als „Wohlfühlreligion“ allenfalls für die Privatsphäre; deshalb unterstreicht Jesus: „Wer sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.“ Es gehört also Mut dazu, Christ zu sein! Denn Christsein ist mehr als nur eine angenehme Form des Umgangs miteinander.

Der langjährige Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer stellte bei einer internationalen Tagung fest: „In einer fiktiven Gleichstellung aller bestimmten Religionen wurde alles Konkrete und Bestimmte abgehobelt und Religion auf Ethik reduziert.“ Christsein ist aber mehr als gute Manieren, Christsein fordert den ganzen Menschen!
Das wird zuallererst deutlich an Jesus selbst, denn ER ist mehr als ein guter Mensch, mehr als ein vorbildlicher Sozialarbeiter, mehr als ein einfühlsamer Vermittler. Jesus ist der menschgewordene Gott, der uns den Weg nicht nur zu einem gelingenden und beglückenden Leben, sondern letztlich sogar durch alle Vergänglichkeit und den Tod hindurch zur Vollendung unseres Lebens in Gott führt. ER gibt unserem Leben Sinn und Ziel. Durch IHN kommen wir in Berührung mit dem ewigen Glück und Heil.

Deswegen braucht es mehr als moralische Appelle und ethische Handlungsweisungen für einen menschenwürdigen Umgang miteinander und einen behutsamen Umgang mit der Schöpfung. Wer den Menschen als Geschöpf Gottes erachtet, wird auch einem noch so schwer behinderten Menschen oder einem Obdachlosen, wie einem Armen seinen unendlichen Wert und gottgegebene Würde zugestehen. Er wird es nicht zulassen, dass unter dem vorgeschobenen Argument der Humanität menschliches Leben aussortiert wird; mehr noch, er wird die Haltung verbreiten, dass auch auf unsere Hilfe angewiesene Menschen eine Botschaft Gottes an uns sind, nämlich eine Aufforderung zur Solidarität.

Es verwundert mich nicht, dass viele Muslime bei uns zumeist das klare Bekenntnis zum Glauben an Gott und die Konsequenz im Leben vermissen. Deswegen nehmen sie den christlichen Glauben nicht ernst. Sie sind verwundert, wie Gott und der Glaube an ihn bagatellisiert, sogar lächerlich gemacht und allenfalls auf soziale Handlungen reduziert wird.

Ein Trendforscher hat festgestellt, dass die Menschen – auch in unserer Gesellschaft – Orientierung suchen, und eine glaubwürdige, tragfähige Botschaft vermissen. Deshalb kommt es für uns als Christen vor allem darauf an, die Nöte von Menschen – ihre sozialen, aber auch geistigen, inneren Nöte – wahrzunehmen. Unser Auftrag ist, Hilfe zum Leben zu geben, ohne zu allem „Ja und Amen“ zu sagen bzw. alles gutzuheißen, was heute „in“ ist.

Die Liebe Gottes bringen wir den Menschen nicht mit frommen Floskeln oder abstrakten theologischen Weisheiten nahe, nein! Wir bringen die Liebe Gottes, in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und auf die Menschen zugehen, uns um sie annehmen, zugleich aber auch Grundsätzliches über die Welt, das Leben, das Menschsein und das friedvolle Miteinander ansprechen. Wo immer Menschen bereit sind, sich im Geiste Jesu um das Leben anzunehmen, wird die Welt menschlicher und lebenswerter.

Damit bin ich wieder bei den Schützen – sowohl den Traditionsschützen in Tirol wie auch den Sportschützen hier bei uns – und ihrem Bemühen, das Miteinander im Verein wie auch in der Gesellschaft zu beschützen. Über allem sportlichen Erfolg hinaus gilt es, den Blick Füreinander zu schärfen, das Miteinander zu pflegen und die geistige und geistliche Grundlage des Lebens zu stärken. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine menschliche Gesellschaft.

Deshalb wünsche ich den Schützen, die nach dem heiligen Sebastian benannt sind, vor allem ein gutes Miteinander, denn das ist die Grundlage auch für den sportlichen Erfolg und nicht nur dafür, sondern auch ein wertvoller Beitrag für unsere Gesellschaft. Bleiben Sie sich Ihrer Tradition bewusst, bleiben Sie in unserer Gesellschaft verwurzelt und vernetzt und wirken Sie daran mit, unser Land als Heimat für viele Menschen zu bewahren und zu beschützen und so auch auf dem christlichen Fundament unserer fränkischen Heimat bei aller Weltoffenheit eine gute Zukunft zu sichern.

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

In einer Predigt hörte ich sagen:

Jesus war ein Freund der Sünder,
der Armen, der Gescheiterten

Er heilte die Kranken,
er war das Licht der Welt …

Er war, er war, er war –
Ist er es denn nicht mehr?

So in der Vergangenheit von ihm zu reden,
wenn auch rühmend –

heißt, ihn für tot zu erklären,
heißt, leugnen, dass er auferstand

und dass er lebt und dass er ist
das Licht der Welt. Und mehr:

Er, der war und ist, er wird auch sein –
ich hoffe, darauf hoffe ich nicht allein!

(Lothar Zenetti)